Statement 25.09.2020

Des Bundesverband der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. (BZÖG)

Mundgesunde Ernährung im Fokus des Tages der Zahngesundheit

Bereits im 18. Jahrhundert prägte der französische Schriftsteller Jean Anthelme Brillat-Savarin das bekannte Zitat "Sage mir, was du isst, und ich sage dir, was du bist". Das Zitat hat auch in unserer heutigen Zeit an Aktualität nicht verloren und es lässt sich bei genauer Analyse auf verschiedene Bereiche übertragen, die durch unser Ernährungsverhalten beeinflusst werden. Direkte Folgen einer Über-, Unter- oder Mangelernährung wirken sich nachhaltig auf unsere Allgemeingesundheit, unsere Lebenserwartung sowie unser äußeres Erscheinungsbild aus.

Wie die dritte Ausgabe des Berichts der "World Bank Group" zur Gesundheit und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus 2017 zeigt, hat der Faktor Ernährung auch einen direkten Einfluss auf gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen. Ernährung wird dort in einem Atemzug mit den Bereichen Gesundheit und Bildung als eine der drei wichtigsten Voraussetzungen für ein gesundes Aufwachsen genannt. Die Veröffentlichung der Weltbank legt sehr eindrücklich dar, wie grundlegend wichtig unser Ernährungsverhalten in erster Linie für die Gesundheit und in der Folge für das Humankapital, die Produktivität und letztlich für die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft ist. Ernährung ist dabei auch ein essenzieller Wirtschaftsfaktor und Motor für die Lebensmittelindustrie. Die Nachfrage nach Lebensmitteln bietet vielen Menschen einen Arbeitsplatz und sichert den ökonomischen Nutzen ganzer Wirtschaftszweige.

Andererseits zeigen aktuelle Erkenntnisse aus der industriellen Fertigung von Lebensmitteln, wie eine rein wirtschaftliche Orientierung an unserem Konsumverhalten zu katastrophalen Arbeitsbedingungen und in der Folge zu fatalen gesundheitlichen Auswirkungen der dort Beschäftigten führen kann.

Unsere Gesundheit ist somit nicht nur ein Spiegel unseres Ernährungsverhaltens, sondern auch des jeweiligen Zeitgeistes, modischer Trends und gesellschaftlicher Strömungen. Der gebräuchliche Begriff der "Esskultur" legt die Vielschichtigkeit von Ernährung und ihrer sozialen Komponente eindrücklich dar. Gleichzeitig schlägt der Begriff eine Brücke zur Familie als Vorbild und Mittler zwischen gesunder Ernährung und gesundem Aufwachsen. Der Aphorismus "Gesundes Essen hält Leib und Seele zusammen" ist keine Binsenweisheit. Er zeigt vielmehr, wie groß die elterliche Verantwortung für die körperliche und geistige Entwicklung ihrer Kinder ist und wie grundlegend die Ernährung als Bestandteil der Erziehung den weiteren Lebensweg der Kinder beeinflusst. Dieser hohe Stellenwert sollte sich in einer entsprechenden Würdigung des Essens nicht nur als Akt zur bloßen Nahrungsaufnahme, sondern in seiner Ritualisierung im Familienalltag niederschlagen. Das gemeinsame Zubereiten und die gemeinsame Einnahme der Familienmahlzeiten legen dabei nicht nur den Grundstein für den familiären Zusammenhalt, sie betten das Essen auch in eine Alltagsstruktur ein, die Sicherheit und Gemeinschaftlichkeit vermittelt. Auf diese Weise geben diese Strukturen- auch in Zeiten des "Fast Food" - der Hauptmahlzeit den ihr gebührenden sozio-kulturellen Stellenwert zurück und verweisen die süße Zwischenmahlzeit und das süße Getränk für Zwischendurch auf die hinteren Ränge.

Dass der weitestgehende Verzicht auf süße Zwischendurch-Snacks und Getränke nicht nur von großer Bedeutung für die Allgemeingesundheit, sondern auch für die Zahngesundheit ist, belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen. Die Kenntnis über signifikante Zusammenhänge zwischen einem hohen Zuckerkonsum und einem erhöhten Kariesaufkommen ist Grundlage für die Festlegung der Ernährungsberatung im gruppenprophylaktischen Maßnahmenpaket des § 21 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Gleichzeitig ist sie eine der grundlegenden Triebfedern für die tägliche Tätigkeit der Mitarbeiter*innen der kommunalen Arbeitskreise im Rahmen der Gruppenprophylaxe bei der Beratung von Eltern sowie pädagogischer Fachkräfte im Setting Kita und Schule.

Die Settings Kita und Schule sind enorm wichtig für die Umsetzung einer gesunden und ausgewogenen Ernährung und bieten Raum für sozialkompensatorische Maßnahmen mit dem Ziel der Chancengleichheit für Kinder aus Familien, in welchen Ernährungsrituale und entsprechende Strukturen fehlen. Eine optimale Berücksichtigung der Ernährungsbedarfe von Kindern kann jedoch nur erfolgen, wenn in der Kita ebenfalls entsprechende Kenntnisse, Konzepte und Standards vorhanden sind. Zu diesem Zweck wurden in der Gruppenprophylaxe insbesondere für das Setting Kita zahlreiche Konzepte, wie z.B. das in verschiedenen Landesarbeitsgemeinschaften überregional umgesetzte Brandenburgische Konzept "Kita mit Biss" oder regionale Konzepte wie "Gesunde Kita im Rhein-Erft-Kreis" umgesetzt, um die Kitas auf ihrem Weg zur (zahn)gesunden Einrichtung multiprofessionell zu begleiten und zu unterstützen.

Daher begrüßt der Bundesverband der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. (BZÖG) das Motto des diesjährigen Tages der Zahngesundheit am 25. September "Gesund beginnt im Mund - Mahlzeit!", mit welchem der Aktionskreis zum Tag der Zahngesundheit für uns alle den Fokus auf die grundlegende gesundheitliche, gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung der Ernährung legt.