Statement 25.09.2018

Von Prof. Dr. Ina Nitschke, MPH Präsidentin, und Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident, Deutsche Gesellschaft für Zahnmedizin

Mundgesundheit ist Lebensqualität – besonders auch in der Pflege

Statement der Deutschen Gesellschaft der Alterszahnmedizin zum Tag der Zahngesundheit 2018

Der diesjährige Tag der Zahngesundheit steht unter dem Motto „Gesund im Mund – bei Handicap und Pflegebedarf“. Ein Motto, das der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) besonders am Herzen liegt.

Als die DGAZ 1990 gegründet wurde, wollten nur wenige erkennen, warum die Zahnmedizin einen besonderen Fokus auf das Alter legen sollte. Heute beginnt Deutschland langsam zu verstehen, was es bedeutet, eine der am stärksten alternden Gesellschaften in der Welt zu sein. Das Interesse an Gesundheit und medizinischer Versorgung im Alter wächst, erfreulicherweise auch zunehmend im Bereich der Zahnmedizin. Dies ist deshalb so wichtig, weil die Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen noch deutlich schlechter ist als bei gleichaltrigen fitten Senioren. So ist das Risiko für Karies-, Parodontal- und Mundschleimhauterkrankungen überdurchschnittlich hoch. Gleichzeitig wird man die zahnmedizinische Versorgung von Menschen, die im Heim oder in häuslicher Pflege leben, nicht als trivial bezeichnen können. Gilt es doch, die Betreuung oftmals außerhalb der eigenen Praxis am Wohnort der Patienten zu organisieren und dabei ihre individuell sehr unterschiedlichen Einschränkungen zu erkennen und ihnen in richtiger Weise zu begegnen. Gerade im letzten Lebensabschnitt geht es nicht mehr um therapeutische Eingriffe und neuen Zahnersatz, sondern darum, zu erhalten, was vorhanden ist. Die neuen präventiven zahnmedizinischen Leistungen, die Menschen mit Pflegegrad  ab dem 1. Juli 2018 zur Verfügung stehen, sind deshalb besonders wichtig, wenngleich weiter ausbaufähig. 

In partnerschaftlicher Zusammenarbeit der DGAZ mit der Bundeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und Vertretern der Menschen mit Behinderungen konnte bereits 2010 ein Aktionsplan – Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter – aufgestellt und in die politischen Gremien getragen werden. Ziel war es, einen Katalog für Menschen mit Pflegebedarf und/oder Behinderung zu etablieren, der Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht. Ein Teil der Forderungen ist erfüllt und kommt den rund drei Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland zugute.

Die Zahnmedizin wird aber auch nicht die Augen davor verschließen, wie problematisch die Lage der Pflege in Deutschland insgesamt ist. Vieles davon ist aus der öffentlichen Diskussion bekannt: Pflegekräftemangel, Ausbildungs- und Fortbildungsdefizite, niedrige Entlohnung, Gewinnung ausländischer Pflegekräfte. Hier wird es noch großer Anstrengungen bedürfen, um Deutschland zukunftsfest aufzustellen.

Die Zahnmedizin selbst hat ihre Hausaufgaben gemacht. In beinahe 30 Jahren haben wir in Deutschland die wissenschaftlichen und konzeptionellen Grundlagen gelegt, um heute eine genaue Vorstellung davon zu haben, was notwendig ist. Viele Kolleginnen und Kollegen haben die neuen Herausforderungen bereits angenommen, weitere sollten folgen. Kontraproduktiv ist dabei, wenn Fehlinterpretationen von Krankenkassen-Daten – wie aktuell im Zahnreport der Barmer – benutzt werden, um zu suggerieren, die Zahnmedizin werde ihren Aufgaben nicht gerecht. Die sachkundige Analyse zeigt gerade auch im Barmer-Report, dass das Gegenteil der Fall ist.

Ein besonders Anliegen der DGAZ besteht darin, dass Studentinnen und Studenten der Zahnmedizin die neuen Aufgaben in der Pflege früh als relevant und „normal“ kennenlernen. Damit lassen sich Berührungsängste leicht abbauen. An einigen Universitäten ist Alterszahnmedizin bereits Teil der Lehre; dies muss aber unbedingt ausgeweitet werden.  

Der diesjährige Tag der Zahngesundheit ist als Meilenstein einer Entwicklung zu sehen, die uns bereits lange begleitet. Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bevölkerung auf die Veränderungen in der zahnmedizinischen Versorgung bei Pflegebedürftigkeit aufmerksam gemacht wird. Gleichzeitig sollen Pflegebedürftige erfahren, dass uns ihre Mundgesundheit am Herzen liegt: „Gesund im Mund – bei Handicap und Pflegebedarf“.

Für den Vorstand

Prof. Dr. Ina Nitschke, MPH Präsidentin

Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident