Statement 25.09.2018

Von Dr. Imke Kaschke MPH

„Gesund im Mund - bei Handicap und Pflegebedarf“ Tag der Zahngesundheit 2018 

Statement der Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf (AG ZMB) in der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK)

Die Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf setzt sich bundesweit für die Verbesserung der Mundgesundheit und der zahnmedizinischen Versorgung von Menschen mit Behinderung ein. Hierbei stehen neben einem höheren Risiko für orale Erkrankungen besonders auch die Barrieren, also der Zugang zu einer behinderungsspezifischen, individuellen zahnärztlichen Betreuung im Vordergrund. In Deutschland müssen daher alle gemeinsam daran arbeiten, Barrieren jeglicher Art abzubauen und zu verstehen, dass Behinderung vor allem durch Barrieren in der Gesellschaft entsteht. Es geht dabei nicht etwa nur um rollstuhlgerechte Zugänge, sondern vor allem um barrierefreies Denken! Und deshalb ist es wichtig, auch die besonderen (zahn-)medizinischen Bedarfe gerade dieser Patientengruppe stärker in den Blickpunkt der öffentlichen Wahrnehmung zu stellen und das Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten dafür zu schärfen.

Der Tag der Zahngesundheit widmet sich mit dem Motto „Gesund im Mund - bei Handicap und Pflegebedarf“ in diesem Jahr erstmals auch Menschen mit Behinderung: Also jenen Mitmenschen, die auf Grund einer häufig eingeschränkten Mundhygienefähigkeit und /oder Behandlungskooperativität nach wie vor ein erhöhtes Risiko tragen an Karies und Parodontitis zu erkranken und die oftmals nicht im Fokus gesundheitspolitischer Aufmerksamkeit stehen.    

Deutschland hat bereits im Jahr 2009 mit der Ratifizierung der UN Behindertenrechtskonvention und dem darin enthaltenen §25 den Rechtsanspruch von Menschen mit Behinderung auf die Gesundheitsleistungen anerkannt, die sie speziell wegen ihrer Behinderung benötigen.

Nun geht es mit einem ersten wichtigen Schritt los: Ab 1. Juli diesen Jahres haben gesetzlich versicherte Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf erstmals einen Leistungsanspruch auf zusätzliche zahnmedizinische Prophylaxe. Nach Jahrzehnte langem Ringen ist das für die Anspruchsberechtigten selbst, aber auch für die Zahnärzte, die präventive Maßnahmen oftmals für ihre Patienten kostenlos durchgeführt haben, ein großer Erfolg. Die AG ZMB begrüßt deshalb ausdrücklich die Einführung der Leistungen nach §22a SGB V und die zusätzlichen zahnärztlichen Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen, die neben den Patienten selbst bei Bedarf auch deren Unterstützungspersonen einbeziehen können. Unter dem im Gesetz formulierten Anspruchskriterium „Bezieher von Eingliederungshilfe“ wird aus der Gesamtgruppe von Menschen mit Behinderung (Destatis 2015: 7,6 Mill. Menschen mit Schwerbehinderung) der Anteil von Personen berücksichtigt, die körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert (und finanziell mittellos) sind! Im Jahr 2015 bezogen rund 883.000 Empfängerinnen und Empfänger mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren Eingliederungshilfe.

Mit dem Tag der Zahngesundheit und dem gewählten Motto bietet sich eine gute Möglichkeit, die Anspruchsberechtigten und Leistungserbringer über die Maßnahmen ab 1. Juli 2018 zu informieren. Darüber hinaus kann die Diskussion über weitere spezifische Leistungen und Sonderregelungen zum Erreichen einer gleichwertigen Zahn- und Mundgesundheit, die für diese Patientengruppe notwendig sind, öffentlich fortgeführt werden. 

Nach dem ersten Schritt sollte der diesjährige Tag der Zahngesundheit Anlass und Aufruf an alle Beteiligten – Zahnärzteschaft, Gesundheitspolitik und Krankenkassen – sein, weitere nachteilsausgleichende Maßnahmen für Menschen mit Behinderung folgen zu lassen! Dafür setzt sich Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf ein.

Der Vorstand der AG ZMB
Prof. Dr. Andreas Schulte
Dr. Imke Kaschke
Dr. Guido Elsäßer
PD Dr. Katharina Bücher