Statement 16.09.2011

Von Herrn Dr. Michael Kleinebrinker

Gesamter Audio Mitschnitt des Statements:

Meine Damen und Herren,

das Motto des diesjährigen Tages der Zahngesundheit lautet: Gesund beginnt im Mund - je früher, desto besser. Damit wird das Augenmerk in diesem Jahr auf die jüngsten unserer Versicherten gerichtet. Und das wird von den Krankenkassen ausdrücklich begrüßt, denn offensichtlich gibt es - trotz aller Erfolge auf dem Gebiet der Mundgesundheit in den letzten Jahren - ganz besonderes bei den Jüngsten immer noch Einiges zu tun. In ihrem Interesse befürworten die Krankenkassen alle Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Kinder unbeschwert und gesund aufwachsen können. Gesunde Milchzähne gehören dazu. Jeder von uns, den schon einmal Zahnschmerzen geplagt haben, weiß, wie unangenehm und belastend diese sein können. So eine Erfahrung wollen wir unseren Kindern nach Möglichkeit ersparen. Wenn der Tag der Zahngesundheit dazu auch einen Teil beitragen kann, umso besser.

Bevor ich nun weiter auf das diesjährige Motto eingehe, gestatten Sie mir einen kurzen Exkurs über das finanzielle Engagement der Krankenkassen auf dem Gebiet der zahnmedizinischen Prophylaxe. Dieses ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. Betrugen die Ausgaben für die zahnmedizinische Prophylaxe im Jahr 2000 noch rd. 373 Mio. Euro, so waren es im Jahr 2010 schon mehr als 500 Mio. Euro. Im selben Zeitraum ist der Anteil der Prophylaxe-Leistungen an den Gesamtausgaben für die zahnärztliche Behandlung von 3,4 Prozent auf fast 4,5 Prozent gestiegen. An diesen Zahlen wird deutlich, dass für die Krankenkassen die zahnmedizinische Prävention und Prophylaxe einen hohen Stellenwert hat.

Meine Damen und Herren,

warum ist es dann trotzdem erforderlich, sich noch intensiver mit der Mundgesundheit der jüngsten unserer Versicherten auseinanderzusetzen? Eine Antwort darauf liefert die neueste Studie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ-Studie). Dort heißt es: „In Deutschland gibt es immer noch viel zu viel Milchzahnkaries, die teilweise extrem früh auftritt." Danach haben 46,1 Prozent der deutschen Schulanfänger, d. h. immer noch knapp die Hälfte, Erfahrung mit Karies an den Milchzähnen. Selbst wenn es auch in dieser Altergruppe in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Karies gekommen ist, ist dieser Anteil doch immer noch deutlich zu hoch. Nach den Zielen von WHO und Bundeszahnärztekammer sollen im Jahr 2020 80 Prozent aller 6- bis 7-Jährigen kariesfrei sein. Um das zu erreichen, müssen die Anstrengungen hierzu erheblich verstärkt werden. Wir müssen nach neuen Wegen suchen, um die Karies, die im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren entsteht, zu stoppen oder zumindest zu reduzieren. Wenn wir das schaffen, bleibt den jüngsten unserer Versicherten eine Menge Leid erspart. Denn sind die Zähne erst einmal kariös, sind vielfach aufwändige Behandlungen notwendig, die häufig nur unter Vollnarkose durchgeführt werden können. Solche Erfahrungen sind für das spätere Leben prägend und führen nicht selten dazu, dass eine positive Einstellung zur Mundgesundheit erst gar nicht entsteht. Die Folgen davon dürften jedem von uns klar sein.

Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang stellt die Polarisierung der Karies dar. D. h., die Karies ist nicht gleichmäßig auf alle Bevölkerungsgruppen verteilt, sondern sozial schwächere Gruppen sind stärker betroffen. So haben Untersuchungen gezeigt, dass der Anteil der Nuckelflaschenkaries in sozialen Brennpunkten deutlich höher ist als beim Durchschnitt der Bevölkerung.

All diese Erkenntnisse sind in Fachkreisen hinreichend bekannt. Aus Sicht der Krankenkassen ist es daher erforderlich,

  • die Aufmerksamkeit der Eltern für die Mundgesundheit ihrer Kinder schon frühzeitig zu wecken,
  • mit der systematischen Betreuung der Kinder früher und zielgruppengerichtet zu beginnen,
  • die beteiligten Akteure stärker zu vernetzen.

Schon heute werden zur Verbesserung der Mundgesundheit bei Kindern vielfältige Aktionen von den verschiedensten Akteuren durchgeführt. Die Krankenkassen beteiligen sich an diesen Maßnahmen, indem sie ihren finanziellen Beitrag dazu leisten, insbesondere im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den jeweiligen Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege. Insofern hat sich die Erkenntnis, dass mit der systematischen Betreuung der Jüngsten deutlich früher begonnen werden muss, an der Basis längst schon durchgesetzt.

Was sollte aus Sicht der Krankenkassen dann noch getan werden?

Dies sind im Wesentlichen zwei Dinge: Zum einen sollten alle Maßnahmen zur Reduktion der frühkindlichen Karies nach Möglichkeit wissenschaftlich abgesichert sein, und zum anderen sollten rivalisierende Konzepte vermieden werden. Lassen Sie mich daher auf diese beiden Punkte noch ein wenig näher eingehen.

In der wissenschaftlichen Literatur wird eine Vielzahl von Möglichkeiten beschrieben, die zu einer Reduzierung der frühkindlichen Karies führen. Wertet man diese Arbeiten aus, muss man zu dem Schluss kommen, dass es „die" Maßnahme schlechthin nicht zu geben scheint. Eher ist es so, dass erst eine Kombination verschiedener Maßnahmen zum Ziel führt. Im Interesse der Krankenkassen kann es daher nur sein, dass sich alle in diesem Zusammenhang schon durchgeführten oder noch durchzuführenden Maßnahmen hinreichend wissenschaftlich belegen lassen und somit das finanzielle Engagement rechtfertigen. Außerdem sollten unterschiedliche fachliche Auffassungen nicht dazu führen, dass mit rivalisierenden Konzepten an die Öffentlichkeit gegangen wird. Dies kann zu Akzeptanzproblemen führen und den Erfolg insgesamt gefährden. Darüber hinaus ist es aus Sicht der Krankenkassen erforderlich, dass sich die an der Durchführung beteiligten Akteure stärker als bisher vernetzen, damit jeder weiß, was der andere tut und dadurch Synergien genutzt werden können.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass die Gesundheit der Kinder für die Krankenkassen ein hohes Gut darstellt. Hierzu zählt natürlich auch die Mundgesundheit. Die Krankenkassen unterstützen deshalb das Ziel, die Kariesentwicklung bei den Jüngsten einzudämmen. Wir sind sicher, dass der Tag der Zahngesundheit mit dazu beitragen wird, insbesondere Eltern und Kinder für das Thema frühkindliche Karies zu sensibilisieren. In diesem Sinne wünschen wir allen Beteiligten für diesen Tag ein gutes Gelingen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.