Presseinformation 19. September 2014

Tag der Zahngesundheit 2014: „Gesund beginnt im Mund – ein Herz für Zähne!“

Die zentrale Auftaktpressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit 2014 fand statt am Freitag, den 19. September 2014 in Berlin.

In diesem Jahr widmet sich der 25. September, der Tag der Zahngesundheit, ganz besonders jenen Kindern, die nicht das Glück haben, in einer gesundheitsbewussten Familie groß zu werden. Das diesjährige Motto „Gesund beginnt im Mund – ein Herz für Zähne!“ weist darauf hin, dass in Sachen Mundgesundheit in Deutschland schon viel erreicht ist – dieser Erfolg aber an vielen Kindern vorbeigeht. Wie in jedem Jahr verweist das Motto zugleich auf eine übergeordnete Perspektive: „Ein Herz für Zähne!“ braucht die Gesellschaft genauso für ihre alten und pflegebedürftigen Menschen. Und letztlich gilt es für Jeden, denn: Zähne benötigen Zuwendung, wenn sie gesund bleiben sollen.

Im Rahmen der zentralen Pressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit 2014 am 19. September in Berlin wies Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, auf erfreuliche Entwicklungen bei der Mundgesundheit hin: „Deutschland befindet sich beim Kariesrückgang vor allem bei Kindern und Jugendlichen im internationalen Spitzenfeld!“ Die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) wird mit Ihrer Veröffentlichung voraussichtlich im nächsten Jahr zeigen, wie sich die Entwicklung fortsetzt. Eindeutig belegt ist die sogenannte Polarisierung der Karies. Entsprechende Daten zeigen eine deutliche Schieflage bei der Verteilung der Karies auf Kinder aus Familien in sozial schwierigen Lebenslagen. Prof. Oesterreich: „Altersgruppenabhängig kann davon ausgegangen werden, dass 60 bis 80 Prozent aller kariösen Zähne auf eine Gruppe von 10 bis 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen entfallen.“ Dies sei ein Signal dafür, dass es diesen Kindern an „Fürsorge im Sinne des Vorsorge-Gedankens“ mangelt und das nötige Wissen über Vorsorgemöglichkeiten in diesen Familien nicht vorhanden ist. Allein durch zahnärztliche Konzepte lassen sich diese Probleme nicht lösen – sie sind ein gesamtgesellschaftliches Problem. „Nicht selten lässt sich der Mangel an Zuwendung an den Kinderzähnen ablesen, mit denen die Kinder in die Zahnarztpraxis kommen“, so der Vizepräsident. Viele von ihnen kämen einfach zu spät: „Die frühkindliche Karies an den Milchzähnen bei Kleinkindern bis zum dritten Lebensjahr hat im Unterschied zur Karies an den bleibenden Zähnen in den letzten Jahren an Häufigkeit zugenommen, man geht von einer Verbreitung zwischen 7 und 20 Prozent aus. Die Betreuung allein durch den Kinderarzt in den ersten drei Lebensjahren reicht offensichtlich nicht aus, um das Krankheitsrisiko zu senken.“ Nicht zuletzt mit dem gemeinsamen Versorgungskonzept „Frühkindliche Karies vermeiden“ haben Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, der Bundesverband der Kinderzahnärzte und der Deutsche Hebammenverband ein Netzwerk gegen die frühkindliche Karies geschaffen. „Mit dem Ziel“, so Prof. Oesterreich, „gesetzliche Rahmenbedingungen für einen Zahnarztbesuch ab dem ersten Lebensjahr zu schaffen.“ Darüber hinaus fordert die Bundeszahnärztekammer am Tag der Zahngesundheit „die entsprechende Berücksichtigung der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde bei sämtlichen Aktivitäten im Bereich Gesundheitspolitik.“

Warum Fürsorge für Milchzähne so wichtig ist, machte Dr. Reinhard Schilke, Oberarzt am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover, deutlich – und wie es aussieht, wenn diese Fürsorge nicht ausreichend erbracht wird. „In den ersten Jahren nach Durchbruch der Zähne in den Mund sind diese besonders empfindlich,“ sagte er und klärte auch hinsichtlich eines verbreiteten Missverständnisses auf: „Karies an Milchzähnen ist genauso schmerzhaft wie an bleibenden Zähnen!“ Trotz langjähriger Aufklärungsmaßnahmen nicht nur der Zahnärzteschaft zu Entstehung und Verhinderung von „Saugerflaschen-Karies“ sei diese nach wie vor weit verbreitet. So habe eine Studie in Hamburg ergeben, dass bereits 15 Prozent der ein- bis zweijährigen Kinder Karies aufwiesen. Davon zeigten 80 Prozent die typische Verteilung der kariösen Zähne, die bei einer Saugerflaschen-Karies auftritt. Viele Eltern wüssten weder, welche Rolle die Milchzähne für die physiologische und auch neuromotorische Entwicklung spielen, noch, welche Folgen Entzündungen an den Milchzähnen für die gesunde Entwicklung von Körper und Seele haben. Nicht zuletzt entwickelten Kinder, die schon an Milchzahn-Karies leiden, auch mehr Karies an den bleibenden Zähnen. Wenn Milchzahn-Schäden und damit eine Vernachlässigung der Kindergesundheit auf Nichtwissen der Eltern zurückgeht, berge dies ein großes Potential, den Kindern und Eltern durch entsprechende Beratung helfen zu können. Schwerer sei die Situation bei Kindern, die beispielsweise aus Gründen der Überforderung ihrer Familie vernachlässigt oder gar misshandelt würden. Eine Auswertung von sieben internationalen Studien habe gezeigt, dass das Problem kein rein nationales ist und „diese Kinder bis zu achtmal häufiger unbehandelte kariöse Zähne haben als altersentsprechende Kinder“, so Dr. Schilke: „In Österreich gab es bereits eine Verurteilung von Eltern, weil ihre vierjährige Tochter unter frühkindlicher Karies litt.“ Gefährdet sind Studien zufolge insbesondere Kinder bis zum ersten Geburtstag. Der Zahnärzteschaft gehe es nicht um eine Anklage dieser Eltern, sondern um die Entwicklung starker Netzwerke, die Hilfsangebote bündeln. Zu lösen sei die Situation der aus welchen Gründen auch immer überforderten Eltern aber nur gesamtgesellschaftlich. „Wir haben ein Herz für Zähne“, sagte Dr. Schilke, „und wünschen uns Eltern, die wir für die Gesundheit ihres Kinds begeistern können!“

Auf andere Gruppen in der Gesellschaft, die ebenfalls der Fürsorge rund um ihre Mundgesundheit bedürfen, wies Manuela Schäfer vom GKV-Spitzenverband hin: „Das diesjährige Motto lässt sich insbesondere auch auf die Gruppe der Pflegebedürftigen sowie Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Alltagskompetenz übertragen.“ Deren Anzahl nehme aufgrund des demographischen Wandels kontinuierlich zu, pflegebedürftige oder spezifisch behinderte Menschen könnten aber oftmals nicht mehr in die Zahnarztpraxis kommen: „Dadurch ist ihr Mundgesundheitszustand im Schnitt schlechter als der der Allgemeinbevölkerung.“ Hier habe die gesetzliche Krankenversicherung bereits Schritte zu einer Verbesserung der Versorgungssituation unternommen: Durch die Aufnahme entsprechender neuer Leistungen profitierten pflegebedürftige Menschen von einer aufsuchenden Behandlung durch Zahnärzte. Auch für die Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung von Heimbewohnern sei der Leistungskatalog erweitert worden. „Wichtig war uns“, so Manuela Schäfer, „Qualitäts- und Versorgungsziele mit aufzunehmen, damit die Versorgung der Pflegebedürftigen auf einer soliden Basis steht und die pflegerische und zahnärztliche Versorgung von Heimbewohnern auch künftig optimal weiterentwickelt werden kann.“ Gerade Pflegebedürftige benötigten eine regelmäßige und systematische Zahnpflege für die möglichst langfristige Erhaltung der Zahn- und Mundgesundheit. Der diesjährige Tag der Zahngesundheit mache insbesondere die Bedeutung der zahnmedizinischen Betreuung von Menschen deutlich, „die sich nur eingeschränkt oder gar nicht selbst um ihre Mundgesundheit kümmern können.“

Alle Referenten der zentralen Pressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit 2014 und nicht zuletzt der Vorsitzende des Aktionskreises zum Tag der Zahngesundheit, Dr. Uwe Prümel- Philippsen von der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung, wünschten allen Beteiligten am Tag der Zahngesundheit gutes Gelingen und insbesondere den Kindern und Pflegebedürftigen ausreichend Fürsorge für ein gesundes Leben.

Für Rückfragen der Presse:

Birgit Dohlus
dental relations

Tel: 030 / 3082-4682
info@remove.this.zahndienst.de

Audiomitschnitte der Pressekonferenz am 19. September

Anmoderation Dr. Uwe Prümel-Philippsen
Geschäftsführer Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.

Statement Prof. Dr. Oesterreich
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer
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Statement Dr. Reinhard Schilke
Oberarzt am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Medizinischen Hochschule Hannover
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Statement Manuela Schäfer
Referentin für die vertragszahnärztliche Versorgung beim GKV-Spitzenverband
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